Artenschutz, Gewässerrandstreifen und Wasserentnahmegebühr – eine Stellungnahme

Gewässerrand der Oste mit einseitig intensivem Ackerbau – hier greift die neue Regelung des „Niedersächsischen Wegs“

Anfang des Jahres erhielten die Kunden des Wasserbeschaffungsverbandes (WBV)  Harburg zusammen mit der jährlichen Gebührenabrechnung die Information über eine Erhöhung der Wasserentnahmegebühr (WEG). Diese von der Niedersächsischen Landesregierung verordnete Verdoppelung der Abgaben wurde vom WBV in einem kommentierenden Schreiben als ungerechte, einseitige Belastung der Trinkwasserkunden bewertet.

Was ist der Hintergrund dieser Maßnahme und was genau soll damit finanziert werden? Ist sie in dieser Form gerechtfertigt und zielführend um das Verständnis der Bevölkerung für die Notwendigkeit des Artenschutzes zu stärken oder eher kontraproduktiv? Und wie hoch ist die jährliche Belastung der Kunden am Ende tatsächlich?

Im Folgenden werden diese Fragen detaillierter erörtert und unsere Position dazu dargelegt.

Unsere Position

Im letzten Jahr wurde mit massiver Unterstützung der Bündnis 90/Die Grünen ein Volksbegehren zum Schutz der Artenvielfalt unterstützt. Auch wir im Ortsverband Tostedt haben mit der Sammlung vieler Unterschriften dieses Projekt unterstützt. Im Herbst wurde das Volksbegehren dann nach einem Kompromiss mit der Landesregierung und anderen Beteiligten beendet. Die dabei erzielten Vereinbarungen zum Artenschutz laufen unter der Bezeichnung „Niedersächsischer Weg“. Das dazu vom Niedersächsischen Landtag beschlossenes Gesetzespaket ist seit dem 1.1.2021 in Kraft (Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 2020/43, 03.12.2020, S. 444-450, Download über https://www.nilas.niedersachsen.de/).

Eine darin festgelegte Änderung ist die Einführung von Gewässerrandstreifen, wozu das entsprechende Wassergesetz eine Ergänzung erfuhr. Nun bekommen alle Gewässer erster Ordnung einen 10 m breiten Randstreifen, die Gewässer zweiter Ordnung 5 m und die Gewässer dritter Ordnung 3 m, jeweils auf beiden Seiten. Lediglich an Gewässern, die regelmäßig über sechs Monate im Jahr trocken fallen, besteht keine Pflicht zur Einrichtung eines Gewässerrandstreifens.

Was bedeutet dies:

Innerhalb der Gewässerrandstreifen war nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) schon bisher verboten:

  1. die Umwandlung von Grünland in Ackerland,
  2. das Entfernen von standortgerechten Bäumen und Sträuchern, ausgenommen die Entnahme im Rahmen einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft, sowie das Neuanpflanzen von nicht standortgerechten Bäumen und Sträuchern,
  3. der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, ausgenommen die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist, und der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in und im Zusammenhang mit zugelassenen Anlagen,
  4. die nicht nur zeitweise Ablagerung von Gegenständen, die den Wasserabfluss behindern können oder die fortgeschwemmt werden können.

Nun kommt hinzu 

  1. Der Einsatz und die Lagerung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln ist verboten.

Geregelt ist zudem, dass für die Überwachung des neuen Verbots die Landwirtschaftskammer Niedersachsen zuständig und dass das Verbot entschädigungs- oder ausgleichspflichtig ist, soweit die die Randstreifen bewirtschaftenden Landwirte wirtschaftliche Nachteile erleiden. 

Mit dieser Regelung kommt Geld ins Spiel

Auf Beschluss der Landesregierung ist zur Finanzierung dieser Aufwände für Überwachung sowie Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen nun die sogenannte „Wasserentnahmegebühr“ für alle Nutzer zum 1.1.2021 verdoppelt worden. Dagegen sträuben sich die Wasserversorger mit dem Argument, dass die zusätzlich eingenommenen Mittel nicht gezielt zum Schutz des Grundwassers eingesetzt werden.

In einer Stellungnahme des niedersächsischen Umweltministers Lies (SPD) unter der Überschrift „Trinkwasserkunden werden durch geplante Gebührenbelastung nicht übermäßig belastet“ heißt es, dass die Ausgleichszahlungen an die Landwirte für die Nutzungseinschränkungen im Gewässerrandbereich sich auf überschlägig 15 Mio. € belaufen.

Wir meinen dazu:

  • Der Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt ist ein gesellschaftlicher Auftrag, der aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert werden muss. Durch die Gegenfinanzierung über die Wasserentnahmegebühr wird gegen diesen Auftrag unnötigerweise Stimmung gemacht und damit das positive Anliegen unterwandert.
  • Durch die Verdoppelung der Wasserentnahmegebühr werden die Trinkwassernutzer einseitig und höher belastet (nach Angaben des WBV zusätzlich 42 Mio.€ pro Jahr in Niedersachsen), als Mittel für den Schutz der Gewässerränder nötig sind. Auch dies ist den Bürgern nicht vermittelbar.
  • Im Zuge des Klimawandels ist ein Schutz der Grundwasservorkommen vor allem über eine Lenkung der Grundwassernutzung für Beregnungszwecke durch die Landwirtschaft zu erzielen. Genau diese Möglichkeit hat der Umweltminister aber in einer Pressemitteilung verworfen. Ein bereits reduzierter Nutzungsbeitrag durch die Landwirtschaft wurde zwar ebenfalls verdoppelt – allerdings liegt dieser weiterhin deutlich unter der regulären Wasserentnahmegebühr. Diese Regelung muss auf den Prüfstand, damit die knappen Vorräte nicht für die Beregnung von Mais oder Getreide eingesetzt werden.
  • Aber auch der Wasserbeschaffungsverband Harburg hat in seiner Mitteilung an alle Kunden („Warum der Artenschutz für den Trinkwasserkunden teuer wird“) nur die halbe Wahrheit genannt. Der Anteil der Wasserentnahmegebühren an den jährlichen Verbrauchsgebühren bleibt – trotz Verdoppelung – gering: Der Endverbraucher zahlt eine fixe Grundgebühr und einen Verbrauchspreis, der aktuell bei 90 ct/m3 liegt. Wenn der WBV die Erhöhung der Wasserentnahmegebühr 1:1 weiterreicht, beträgt die Steigerung also 8 % des aktuellen Verbrauchspreises und – für einen Normalverbraucher mit 100 m3 Verbrauch pro Jahr – rund 5 % unter Berücksichtigung der Grundgebühr.

Als Fazit gilt hier, dass eine gerechtere und angemessenere Verteilung der Belastung erfolgen sollte, es aber nicht der, grundsätzlich im allgemeinen Interesse liegenden Sache des Naturschutzes dient, sich permanent gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben.

Kosten, die durch unser aller Lebensweise entstehen sollen auch von allen getragen werden.

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